Ergebnis eines Fanges mittels Lufteklektor und Betarmon-Pheromon

Im Frühjahr 2017 erging von Dr. rer. nat. Christian König von der Universität Hohenheim (Stuttgart), Institut für Zoologie ein Aufruf an die „Käfersammlergemeinde“ mit der Bitte um Mitarbeit bei einem Freiland-Test zur Anlockung des Schnellkäfers Betarmon bisbimaculatus (FABRICIUS, 1803) mittels eines Pheromons (Abb. 12-0).

Abb. 12-0: Schnellkäfer (Betarmon bisbimaculatus) (Quelle)

Wie etwa 50 Koleopterologen aus ganz Deutschland erklärte auch ich mich bereit, das Pheromon hier in Sachsen zu testen und bekam Anfang Juni zwei eigens dafür hergestellte Luft-Eklektoren (Fensterkreuz-Fallen) zugeschickt. Ich wählte zwei aus meiner Sicht gut geeignete Stellen in der Elbaue zwischen Meißen und Riesa aus. Der erste Standort lag nordwestlich von Meißen bzw. nördlich der Ortschaft Nieschütz und die zweite Lokalität befand sich östlich von Riesa bzw. nordwestlich der Ortschaft Leutewitz in einem der wenigen flächigen Weichholz-Auwälder Sachsens (siehe Abb. 12-1).

Abb. 12-1: Lage der Untersuchungsstandorte (rote Punkte)

Beispielshaft ist ein Foto vom Fangplatz in Nieschütz abgebildet. Auf Abb. 12-2 ist der waagerechte Ast einer alten Weide zu erkennen, an dem der Eklektor hängt, und im Hintergrund steht eine abgestorbene Schwarz-Pappel mit etwa einem Meter Stammdurchmesser. Der Standort befindet sich im Bachtälchen des Nieschützbaches ca. 50 m vor der Einmündung in die Elbe und ist gesäumt von alten Weiden und Schwarz-Pappeln. Auf Grund eines Gewittersturmes im Juni 2017 ist die Fangflasche aus der Trichterhalterung gerissen worden, sodass der Junifang verloren ging. Zudem wurde der Trichter zerrissen. Beim zweiten Leerungsintervall im Juli wurde er notdürftig mit Klebeband und Draht repariert.

Abb. 12-2: Standort des Lufteklektors bei Nieschütz

Im Juni-Juli 2017 konnten in Nieschütz 30 und in Leutewitz 20 Käferarten nachgewiesen werden (siehe folgende Tabelle, Abb. 12-3), allerdings kein einziges Betarmon-Exemplar. Sollte das Pheromon wirklich so effektiv sein, kann ein Vorkommen dieser Art in den an sich gut geeigneten Habitaten ausgeschlossen werden. Auffällig ist die mit 46 Individuen hohe Fangzahl des Schnellkäfers Dalopius marginatus, eine recht häufige Waldart, die allerdings nicht als Holzbewohner (xylobiont) gilt. Es wurden ausschließlich Männchen nachgewiesen. Bei den vielen Lufteklektorfängen, die der Autor in den vergangenen Jahren durchgeführt und ausgewertet hat, konnte diese allgemein verbreitete Art zwar regelmäßig nachgewiesen werden, allerdings nie in einer so großen Zahl. Die Vermutung liegt nahe, dass Dalopius marginatus-Männchen eventuell positiv auf das Pheromon reagieren.

Abb. 12-3: Artenliste mit Angaben zur Gefährdungssituation und Ökologie

RLDt.: Rote Listen von Deutschland (GEISER 1998) Gefährdungskategorien: 0 = Ausgestorben/Ausgerottet/Verschollen; 1 = vom Aussterben bedroht; 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; . = derzeit keine Gefährdung erkennbar;
RLSn: Rote Listen von Sachsen (GEBERT 2009: Laufkäfer; KLAUSNITZER 1994: Bockkäfer und KLAUSNITZER 1995: Blatthornkäfer und Hirschkäfer): nb = nicht bearbeitet; . = derzeit keine Gefährdung erkennbar)
Häuf = Häufigkeit: ss = sehr selten; s = selten; mh = mäßig häufig; h = häufig; sh = sehr häufig; (subjektive Einschätzung des Autors bezogen nur auf Sachsen und auf 30jährige empirische Erfahrungen auf Grundlage von vielen Gutachten und Untersuchungen sowie einer 85.000 Datensätze umfassenden Datenbank mit mehr als 3.200 Käferarten aus über 350.000 Individuen von mehr als 1.300 Fundorten in Sachsen);
Oeko_Gilde = Ökologische Gilde (nach SCHMIDL & BUSSLER 2003) = Substratgilden: F = Frischholzbesiedler, A = Altholzbesieder, P = an Pilzen, die auf Holz wachsen und M = Mulmhöhlenbesiedler; xS = Arten mit xylobionten Sonderbiologien, z.B. Baumsaftfresser, Kommensalen in Nestern anderer Holzinsekten);
PFL1 = Baumart/Fraßpflanze: Bu = Buche, Ei = Eiche, Es = Esche, Fi = Fichte, Lä = Lärche, LH = Laubholz, Li = Linde, L/N = keine Bevorzugung, NH = Nadelholz, Ki = Kiefer, Pa = Pappel;

Als bemerkenswerter Beifang soll der laut bundesdeutscher Roter Liste als „stark gefährdet“ eingestufte Dorcatoma setosella genannt werden (Abb. 12-4). Die sehr seltene Art entwickelt sich wahrscheinlich in den alten Baumpilzen (Feuerschwamm, Gattung Phellinus), die an den Weiden wachsen. Es konnte zum Glück ein Männchen gefunden werden. Bei der schwierig bestimmbaren Gattung dient vor allem der Bau der männlichen Genitale zur Arttrennung. Eigene Nachweise stammen aus dem Moritzburger Wald (2009) sowie aus dem Hospitalbachtal bei Heidenau (2015). Weitere relativ seltene und ökofaunistisch bedeutsame „Rote-Liste-Arten“ sind beispielsweise Allecula morio (Abb. 12-5) und Prionychus ater (Abb. 12-6), die an Mulmhöhlen alter Bäume gebunden sind sowie Scraptia fuscula (Abb. 12-7), ein recht unscheinbarer Altholzbesiedler. Alle drei Arten wurden vor allem mittels Lufteklektoren bereits mehrfach in Sachsen gefunden. Der seltene Borkenkäfer Trypophloeus binodulus (Abb. 12-8) hat sicherlich vom Absterben der benachbarten Schwarz-Pappeln (Populus nigra) profitiert. Er wurde in jüngerer Zeit auch in Lufteklektoren nachgewiesen, die in Zitterpappeln (Populus tremula) hingen, beispielsweise im Blatterslebener Grund östlich Diesbar-Seußlitz und im Oberlausitzer Bergland bei Cunewalde sowie in der Sächsischen Schweiz bei Kurort Rathen. Wahrscheinlich entwickelt sich die Art auch in Hybrid-Pappeln (Populus x canadensis), da sie 2016 in einem Lufteklektor bei Königswartha gefunden wurde, der in einer solchen Baumart hing. Zudem konnte mit Atomaria gravidula (Abb. 12-9) ein recht seltener Schimmelkäfer nachgewiesen werden, dessen Vorkommen aber entsprechend der Habitatansprüche gut in die Flussaue passt. Von dieser Art gibt es nur noch einen weiteren eigenen Nachweis von 2013, namentlich wenige Kilometer elbaufwärts bei der Ortschaft Zadel.

Abb. 12-4: Pochkäfer (Dorcatoma setusella) Foto: F.Köhler (www.Koleopterologie.de)

Abb. 12-5: Schwarzkäfer (Allecula morio)

Abb. 12-6: Schwarzkäfer (Prionychus ater)

Abb. 12-7: Seidenkäfer (Scraptia fuscula) Foto: Quelle

Abb. 12-8: Zitterpappel-Borkenkäfer (Trypophloeus binodulus) Foto: U. Schmidt, 2014 (Quelle, Lizenz)

Abb. 12-9: Schimmelkäfer (Atomaria gravidula)

Previous Post Next Post