Ende 2013 berichtete ich im Beitrag: „Was kreucht und fleucht um Haus und Hof – Teil 1“ über die Käfer, die ich im Laufe des Jahres auf dem Grundstück nachgewiesen hatte. Bei gelegentlichen „Gartenexkursionen“, bei gezielten Beobachtungen der Vegetation und bei mehreren Lichtfängen waren etwas mehr als 300 Käferarten zusammengekommen.
Im Jahr 2014 packte mich der Ergeiz und ich intensivierte die Käfererfassungsaktivitäten, indem ich vier Bodenfallen eingrub und alle 14 Tage leerte, eine Fensterkreuzfalle aufhängte und wiederum mehrere Lichtfänge machte. Am Ende des Jahres sind fast 500 Käferarten zusammengekommen, von denen wiederum fast 300 Arten neu waren, d.h. diese 300 Arten hatte ich im Jahr zuvor noch nicht gefunden. Somit sind nach zweijährigem Untersuchungszeitraum etwa 610 Käferarten auf dem Grundstück nachgewiesen worden. Die Ergebnisse sind im Beitrag „Was kräucht und fleucht um Haus und Hof – Teil 2“ dargestellt.
Im Jahr 2015 gingen die Erfassungen mit geringerem Aufwand weiter. Wiederum spazierte ich besonders aufmerksam in den „eigenen vier Zäunen“ umher und alles, was mir an Käfern über den Weg lief, vors Auge flog sowie an der Hauswand oder auf der Vegetation saß, wurde bestimmt und dokumentiert, und falls es unbekannt oder auf den ersten Blick schwer erkennbar war, wurde es genauer unter die Lupe genommen. Zudem ist von Mitte Juni bis Mitte Oktober eine Bodenfalle auf der Wiese unter einem extra belassenen Heuhaufen und eine weitere Bodenfalle mitten im Komposthaufen eingegraben und alle 14 Tage geleert worden. Auch führte ich wieder mehrere Lichtfänge durch. Das Ergebnis am Ende Jahres: 360 Käferarten, darunter 110 neue Arten, d.h. sie wurden in den beiden Jahren zuvor noch nicht nachgewiesen.
Innerhalb von drei Jahren sind demnach 720 Käferarten auf dem 1000 qm großen Grundstück gefunden worden! Das entspricht fast 17 % der aktuell nachgewiesenen sächsischen Käferfauna.
Die aus meiner lokal- und regionalfaunistischen Sicht bemerkenswerten „neuen“ Arten aus dem Jahr 2015 sind in folgender Tabelle zusammengestellt:
* Artstatus wird derzeit noch geprüft
Die fünf Lichtfänge haben eindeutig die meisten Neuheiten erbracht. Aufgrund der vielen tropischen Nächte mit Temperaturen weit über 20 °C gab es offensichtlich eine besonders große Aktivität bei den dämmerungs- und nachtaktiven Käferarten. Der Lichtfang ist halt eine besonders ergiebige Fangmethode nicht nur zur Erfassung von Nachfaltern, sondern auch für Koleopterologen, vor allem zur Erfassung von Laufkäfern (Carabidae), aquatischen Käfern (Dytiscidae, Hydrophilidae, Scirtidae) sowie Holz- und Pilzkäfern (siehe auch Lorenz 2010).
Beispielsweise flogen am bislang erfolgreichsten „Grundstück-Lichtfangabend“ am 7.8.2015 insgesamt 90 verschiedene Käferarten ans Licht. Dies wurde sicherlich auch begünstigt durch den erstmaligen Einsatz einer 250 W Mischlichtlampe, die eine größere Anziehungskraft hat, als die sonst verwendete 125 W Mischlichtlampe. Auf Grund des Anlockungseffekts müsste man eigentlich von der „Dorf-Fauna“ sprechen, die damit erfasst wird. Die Naturausstattung der Umgebung des Grundstücks ist im ersten Beitrag beschrieben.
Als besondere Kuriosität soll ein tatsächlicher Harlekin-Marienkäfer (Harmonia axyridis) genannt werden, der am Licht gefunden wurde (Foto_06-1). Er sieht aus, wie aus zwei verschieden gefärbten und längs geteilten Käfern zusammengesetzt. Die vor wenigen Jahren aus Asien eingeschleppte Marienkäferart hat überall in Europa ausgebreitet und zeichnet sich durch eine große Variationsbreite bei der Färbung von Flügeldecken und Halsschild aus. Ein Großteil ist rot gefärbt und hat viele (bis zu 28) schwarze Punkte. Ein wesentlich kleinerer prozentualer Anteil der Käfer ist schwarz und hat 2 oder 4 oder auch noch mehr rote Punkte. Bei dem hier entdeckten Tier ist die eine Flügeldeckenhälfte schwarz mit roten Punkten und die andere ist rot mit schwarzen Punkten. Dass es sich nicht um eine zusammengesetzte Schummelei, d.h. eine aufgeklebte Flügeldecke handelt, erkennt man am Halsschild, der das zu den Flügeldecken adäquate typische Zeichnungsmuster trägt. Möglicherweise handelt es sich um einen sogenannten Halbseitenzwitter, eine Laune der Natur, die immer mal wieder auftritt, selbst bei Wirbeltieren. Eine geschlechtsspezifische Färbung ist allerdings nicht bekannt.
Foto 06-1 Harlekin-Marienkäfer
Eine weitere Auffälligkeit des diesjährigen Lichtfanges, besonders am 31.8.2015 war das gehäufte Auftreten der Schwarzkäferart Alphitobius diaperinus (Foto_06-2; www.kerbtiere.de © 2007-2015 Christoph Behnisch). Über 50 Tiere der Art flogen an diesem Abend ans Tuch. Die Art gilt vor allem als synanthrop vorkommend, beispielsweise in feuchten, schimmelnden Getreide- und Mehlvorräten und verdorbenen Lebensmitteln (Koch 1989). Ich selbst habe die Art bisher nur in Baumhöhlennestern von verwilderten Haustauben auf Platanen im Rosensteinpark von Stuttgart gefunden.
Foto 06-2 Alphitobius diaperinus
Von den angelockten Nachtfaltern sollen zwei Arten erwähnt werden, der Ligusterschwärmer (Foto_06-3) und das Braunwidderchen (Foto_06-4).
Foto 06-3 Ligusterschwärmer
Foto 06-4 Braunwidderchen
Literatur
Koch, K. (1989): Die Käfer Mitteleuropas. Ökologie, Bd. 2. – Verlag Goecke & Evers, Krefeld.
Lorenz, J. (2010): Käferbeifänge am Licht (Coleoptera part.). – Entomologische Nachrichten und Berichte, 54 (3-4): 193-206.