Vorbemerkungen (je ein Zitat aus den acht vorangegangenen Beiträgen zur „Haus- und Hofkäferfauna“ 2013 bis 2020):
„…Ende 2013 berichtete ich im Beitrag: „Was kräucht und fleucht um Haus und Hof – Teil 1“ über die Käfer, die ich im Laufe des Jahres auf dem Grundstück nachgewiesen hatte. Bei gelegentlichen „Gartenexkursionen“, bei gezielten Beobachtungen der Vegetation und bei mehreren Lichtfängen waren etwas mehr als 300 Käferarten zusammengekommen…“
„…Im Jahr 2014 packte mich der Ergeiz und ich intensivierte die Käfererfassungsaktivitäten, indem ich vier Bodenfallen eingrub und alle 14 Tage leerte, eine Fensterkreuzfalle aufhängte und wiederum mehrere Lichtfänge machte. Am Ende des Jahres sind fast 500 Käferarten zusammengekommen, von denen wiederum fast 300 Arten neu waren, d.h. diese 300 Arten hatte ich im Jahr zuvor noch nicht gefunden. Somit sind nach zweijährigem Untersuchungszeitraum etwa 610 Käferarten auf dem Grundstück nachgewiesen worden. Die Ergebnisse sind im Beitrag „Was kräucht und fleucht um Haus und Hof – Teil 2“ dargestellt…“
„…Im Jahr 2015 gingen die Erfassungen mit geringerem Aufwand weiter. Wiederum spazierte ich besonders aufmerksam in den „eigenen vier Zäunen“ umher und alles, was mir an Käfern über den Weg lief, vors Auge flog sowie an der Hauswand oder auf der Vegetation saß, wurde bestimmt und dokumentiert, und falls es unbekannt oder auf den ersten Blick schwer erkennbar war, wurde es genauer unter die Lupe genommen. Zudem ist von Mitte Juni bis Mitte Oktober eine Bodenfalle auf der Wiese unter einem extra belassenen Heuhaufen und eine weitere Bodenfalle mitten im Komposthaufen eingegraben und alle 14 Tage geleert worden. Auch führte ich wieder mehrere Lichtfänge durch. Das Ergebnis am Ende Jahres: 360 Käferarten, darunter 110 neue Arten, d.h. sie wurden in den beiden Jahren zuvor noch nicht nachgewiesen (siehe auch: Beitrag „Was kräucht und fleucht um Haus und Hof – Teil 3“)...“
„…Auch in diesem Jahr 2016 wurde die Käferfauna des Grundstücks aufmerksam beobachtet und dokumentiert. Die Fangmethoden waren wiederum das gelegentliche Aussieben von Heu- und Laubhaufen, Klopfschirm- und Kescherfänge sowie Lichtfänge. Außerdem wurde im April und im Juni eine Bodenfalle im Kompost eingegraben und wöchentlich geleert. Am Ende des Jahres sind wieder über 300 Arten nachgewiesen worden mit immerhin fast 80 Neunachweisen, d.h. sie wurden in den drei Jahren zuvor noch nicht gefunden. Innerhalb von vier Jahren sind demnach 800 Käferarten auf dem 1000 qm großen Grundstück gefunden worden! Somit konnten fast 20 % der Arten nachgewiesen werden, die aktuell für ganz Sachsen gemeldet sind…“ (siehe auch: Beitrag „Was kräucht und fleucht um Haus und Hof – Teil 4“)…
Im Jahr 2017 gingen die Erfassungen zur Käferfauna des Grundstücks weiter. Die Fangmethoden und der Erfassungsumfang war ähnlich wie in den Vorjahren, d.h. Handfänge, Heu- und Laubgesiebe, 4 Lichtfänge sowie der gelegentliche Einsatz von Streifsack und Klopfschirm. Zudem gab es wieder Bodenfallenerfassungen von Mai bis Juli. Eine Bodenfalle wurde auf der Wiese am Stammfuß des Bergahorn-Hochstubbens eingegraben, was in etwa dem Bodenfallenstandort 2 aus der Erfassung von 2014 entsprach und die andere Bodenfalle auf einer Brache im Südwesten des Grundstücks, d.h. am Bodenfallenstandort 4 aus dem Jahr 2014. Am Ende der Fangsaison 2017 sind 396 Käferarten nachgewiesen worden, darunter etwa 70 Arten, die in den vier vorhergehenden Jahren noch nicht gefunden wurden. Damit erhöht sich die Gesamtartenzahl, die innerhalb von 5 Jahren auf dem 1000 qm großen Gartengrundstück nachgewiesen werden konnten auf 870 Käferarten! ... (siehe auch: Beitrag „Was kräucht und fleucht um Haus und Hof – Teil 5“) (die Erhöhung um 10 Arten gegenüber dem Beitrag ist dadurch zu erklären, dass sich im Nachhinein nach der Überprüfung durch Spezialisten doch neue Arten hinzugezählt werden können)…
Natürlich wurde auch im Jahr 2018 die „Haus- und Hoffauna“ wieder relativ akribisch dokumentiert. Fallenfänge sind zwar keine mehr durchgeführt worden. Dafür hat sich die Zahl der Lichtfänge erhöht, weil es wegen des extrem trocken-warmen und lange anhaltenden Sommers von April bis Oktober ausreichend Gelegenheit gab, bei entsprechend hohen Nachttemperaturen von über 20 °C zu leuchten. Bei diesen hohen Temperaturen nach Sonnenuntergang sind viele dämmerungs- und nachtaktive Käferarten besonders flugaktiv. Auf Grund der Lockwirkung durch eine 250 Watt sowie eine 125 Watt Mischlichtlampe, die auf der Terrasse installiert wurden, stammt natürlich ein großer Teil der Käfer, die ans weiße Laken flogen, nicht direkt vom Grundstück, sondern aus der näheren Umgebung des Dorfs. Im Jahr 2018 konnten wieder über 400 Käferarten registriert werden, wobei mehr als 1.700 Individuen erfasst wurden. Überraschend war, dass, wie schon ein Jahr zuvor, eine ähnlich hohe Zahl von ca. 80 „neuen“ Arten nachgewiesen werden konnte, d.h. sie wurden in den 5 Jahren zuvor nicht gefunden. … Viele Neunachweise im Jahr 2018 gelangen mit Hilfe der Lichtfänge.
Da im Jahr 2019 weitere 43 „neue“ Arten nachgewiesen wurden, erhöht sich damit die Gesamtartenzahl auf 1004. Somit ist nach 7 Jahren ziemlich intensiver „Biodiversitätsforschung vor der Haustür“ auf dem heimischen 1000 Quadratmeter großen Grundstück die 1000-Arten-Marke geknackt worden.
Im Jahr 2020 wurden wieder etwas mehr „neue“ Arten nachgewiesen, als im Jahr zuvor. Die Gesamtartenzahl nach 8-jähriger Erfassung im 1000 Quadratmeter großen Grundstück liegt Ende 2020 bei etwa 1060.
Auch im Jahr 2021 ist die Dokumentation der Käferfauna des Gartengrundstücks fortgesetzt worden, u.a. mit einer Wiederholung des Bodenfallenfangs an den gleichen vier Stellen wie im Jahr 2014. Auch mehrere Lichtfänge und Gesiebe- bzw. Klopfschalen- und Streifsackfänge sowie sonstige Aufsammlungen führten wieder zum Nachweis einer recht großen Zahl von Arten insgesamt und von „neuen“ Arten. Bezogen auf die Jahresfangsummen kam 2021 das zweithöchste Ergebnis zusammen: 479 Käferarten konnten nachgewiesen werden, wobei 2408 Individuen beobachtet bzw. erfasst und bestimmt wurden. Der Zuwachs, d.h. der Nachweis von „neuen Arten“, die in den Jahren zuvor nicht nachgewiesen wurden, liegt 2021 bei 60 Arten. Somit erhöht sich die Gesamtartenzahl im 1000 Quadratmeter großen Grundstück nach 9-jähriger Erfassung auf 1120 sicher bestimmte Käferarten (Abb. 1). Weil der Artenzuwachs etwas höher ausfiel als in den beiden Jahren zuvor, ist die erwartete Artensättigung somit immer noch nicht eingetreten, im Gegenteil (Abb. 2).
Abb. 23-01: Gesamtübersicht zu den ermittelten jährlichen Artenzahlen
Abb. 23-02: Trendlinie zur Artenakkumulation
Zu einigen der faunistisch interessanten „Neufunde“ gibt es nachfolgend ein paar Erläuterungen:
Am 13. August 2021 wurde ein Exemplar dieser unscheinbaren, nur 2 mm kleinen Borkenkäferart beim Lichtfang auf der Terrasse nachgewiesen (Abb. 23-01) (vid. H. Gebhardt, S. Gürlich, O. Jäger, A. Weigel). Nach bisherigem Kenntnisstand dürfte es sich um den ersten Nachweis dieser Art in Sachsen handeln. Laut colkat.de liegen Fundmeldungen aus Nordwestdeutschland (Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen bzw. speziell dem Niederelbegebiet und Umgebung Hannover vor sowie zwei ältere Fundmeldungen (vor 2000) aus Baden und Sachsen-Anhalt.
Abb. 23-03: Bisherige Fundmeldungen des Borkenkäfers Lymantor aceris in Deutschland (Quelle: colkat.de). Für Sachsen ist es somit ein Erstnachweis. Die wahrscheinlich an trockenwarme Gehölzsäume gebundene Art soll sich polyphag in dünnen Laubholzästen entwickeln.
Am 15. Juni 2021 wurde ein Exemplar dieser Glanzkäferart beim Abklopfen der Bodenvegetation über einer Kunststoffschale im Kräutergarten gefunden. Die sichere Bestimmung gelang nur, weil es sich um ein Männchen handelt und der Bau des Aedeagus recht markant und unverwechselbar ist. Es handelt sich um die zweite aktuelle Fundmeldung in Sachsen nachdem die Art 2006 von Werner Hoffmann in der Oberlausitz nachgewiesen wurde (Klausnitzer et al. (2009)). Die Art entwickelt sich an Minze (Mentha sp.) und könnte mit Pflanzenmaterial aus Garten- und Baumärkten verschleppt werden.
Abb. 23-04: Vom Glanzkäfer Thymogethes egenus gibt es nun erst die zweite aktuelle Fundmeldungen aus Sachsen (Quelle: http://coleonet.de/coleo/texte/thymogethes.htm).
Anfang Juli 2021 wurde ein Exemplar dieser nur 4 mm kleinen Kurzflüglerart in der Bodenfalle gefangen, die auf der Wiese am Stammfuß des Bergahorn-Hochstubbens eingegraben war. Die Art lebt an ausfließendem Baumsaft und wurde offenbar wegen der verwendeten Fangflüssigkeit (sogenannte Renner-Lösung: 4 Teile Alkohol, 3 Teile Wasser, 2 Teile Glycerin und 1 Teil Essigsäure) angelockt. In Lufteklektoren, bei denen Rennerlösung als Konservierungsflüssigkeit verwendet wird, fängt man die Art manchmal in großer Zahl.
Abb. 23-05: Der Kurzflüglerkäfer Thamiaraea cinnamomea lebt an ausfließendem Baumsaft und wird offenbar wegen der verwendeten Konservierungsflüssigkeit, die Alkohol und Essig enthält, in die Bodenfalle gelockt.
Am 30. Juli 2021 kam ein Exemplar von Chlaenius tristis ans Licht auf die Terrasse geflogen. Der “Schwarze Samtlaufkäfer“ lebt vorzugsweise an sandigen und schlammigen Ufern von Gewässern und könnte aus der ca. 1000 m westlich gelegenen Kaolingrube stammen, wo es geeignete Habitatstrukturen gibt. In Sachsen gibt es mehrere Fundmeldungen aus dem Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet und der Bergbaufolgelandschaft sowie in West- und Nordwestsachsen. Im Oberen Elbtal bzw. quasi in der Mitte Sachsens wurde die Art bisher offensichtlich noch nicht gefunden.
Abb. 23-06: Der an sandige und schlammige Ufer gebundene Schwarze Samtlaufkäfer Chlaenius tristis ist in Sachsen ziemlich selten und gilt laut der Roten Liste (Gebert 2008) als stark gefährdet.
Ende Juli 2021 wurden 2 Exemplare dieser Laufkäferart in einer Bodenfalle nachgewiesen, die am Rande des Grundstücks unter einer Hecke eingegraben war. Auf Grund der bisher bekannten disjunkten Verbreitung (im östlichen Drittel Sachsens bzw. der Oberlausitz gibt es faktisch nur eine Fundmeldung) und der wenigen aktuellen Nachweise sowie wegen des Umstandes, dass bisher nur unspezifische Angaben zu Habitatansprüchen bekannt sind, wurde laut Roter Liste eine Gefährdung unbekannten Ausmaßes angenommen (G). Die Datenlage ließ offenbar keine konkrete Einstufung in eine der drei Kategorien „gefährdet“, „stark gefährdet“ oder „vom Aussterben bedroht“ zu.
Abb. 23-07: Der ziemlich seltene Laufkäfer Amara montivaga ist in Sachsen ziemlich selten und disjunkt verbreitet. Es konnten bisher keine konkreten Habitatansprüche ermittelt werden.
Beim Lichtfang am 13. Juli 2021 ist ein Exemplar dieser relativ seltenen, nur 3 mm kleinen Laufkäferart auf die Terrasse geflogen. Bisher liegen v.a. aus der Osthälfte Sachsens Fundnachweise vor. Im Gegensatz zur vorhergehenden Art gibt es hier aus der Westhälfte Sachsens kaum Fundmeldungen.
Abb. 23-08: Der relativ seltene Laufkäfer Porotachys bisulcatus lebt offenbar recht unspezifisch in der Bodenstreu und wurde bisher vor allem in der Osthälfte Sachsens nachgewiesen
Am 30. Juli 2021 konnte beim Lichtfang ein Exemplar dieser relativ seltenen, nur 3 mm kleinen Laufkäferart nachgewiesen werden. Es gibt erst wenige Fundmeldungen aus Sachsen. Zum ersten Mal fand ich die Art 2011 in Dresden-Kaditz, obwohl ich schon vorher fast 30 Jahre lang Käfer gesammelt hatte. Zwei weitere Funde sind in der eigenen Datenbank verzeichnet: Juli 2012 aus der Kleinraschützer Heide westlich von Großenhain (leg. O. Jäger) sowie 2019 vom Sandgebiet Dresdner Heller – alle per Lichtfang. Wahrscheinlich ist die wärmeliebende Art lichtaffin und breitet sich, offenbar begünstigt von der anthropogen verursachten Klimaerwärmung weiter aus.
Abb. 23-09: Der wärmeliebende Laufkäfer Perigona nigriceps scheint lichtaffin zu sein und breitet sich weiter aus.
Am 27. Juni 2021 wurde ein Exemplar des Weinreben-Prachtkäfer Agrilus derasofasciatus zufällig im Garten gefunden. Die Art ist erstmals 2007 in Sachsen nachgewiesen worden (Esser, 2007). Mittlerweile gibt es weitere Fundmeldungen (Peschel 2018). Es ist nicht auszuschließen, dass die Art über Garten- und Baumärkte bzw. den Verkauf und die vermehrte Anpflanzung von Weinstöcken in Gärten verschleppt wird (Kwast 2010).
Abb. 23-10: Der Weinreben-Prachtkäfer Agrilus derasofasciatus scheint sich weiter auszubreiten, begünstigt durch die anthropogen verursachte Klimaerwärmung und Gartenmärkte. (Foto: Tom Kwast)
Am 16. Juli 2021 wurde ein Exemplar dieser Sumpffieberkäferart beim Lichtfang auf der Terrasse angelockt. Da die Art an vegetationsreiche, sumpfige Ufer von stehenden Gewässern gebunden ist, dürften die mehrere Hundert Meter westlich gelegenen Teiche/ Tümpel für diese gut flugfähige Art als Ursprungshabitat in Frage kommen. Die Art scheint seltener zu sein als die Schwesternart Scirtes hemisphaericus, die 2018 auf dem Grundstück, ebenfalls am Licht gefunden wurde.
Abb. 21-11: Der Sumpffieberkäfer Scirtes orbicularis gilt als relativ selten und ist an vegetationsreiche, schlammige Ufer gebunden.
Beim Lichtfang am 13. August 2022 konnte drei Exemplare zum Lichtfang auf dem Grundstück nachgewiesen werden. Der Klauenkäfer ist an klare, steinige Bäche mit relativ starker Strömung gebunden und gilt als die häufigste und am wenigsten anspruchsvolle heimische Elmis-Art (mdl. Mitt. O. Jäger. Eventuell stammen die Tiere aus dem Nachbargrundstück, wo seit 2 Jahren ein künstlich angelegter Wasserlauf von 3 m Länge dahinplätschert. Das nächstgelegene natürliche Fließgewässer in dem sich die Art entwickeln kann, der Käbschützbach, liegt mehrere Kilometer westlich bei Görna.
Abb. 23-12: Der Gedrungene Klauenkäfer Elmis maugetii ist an kleine, klare, steinige Bäche gebunden und wurde wahrscheinlich primär durch den Bau eines künstlichen Wasserlaufs aufs Nachbargrundstück gelockt und anschließend durchs Licht auf die eigene Terrasse
Am 17. Juni 2021 flog ein Exemplar beim Lichtfang auf die Terrasse. Der Braunbindige Zimmermannsbock entwickelt sich v.a. in Wipfelästen von Kiefern und scheint vom Absterben der eigentlich als trockenheitstolerant geltenden Kiefern zu profitieren, die wegen der extremen Trockenheit der vergangenen drei Jahre erhebliche Vitalitätseinbußen zu verzeichnen haben. Diese geschwächten Bäume werden neben den Borkenkäfern auch von mehreren Bockkäferarten als Sekundärbesiedler verstärkt befallen. Die meisten der eigenen Funde gelangen am Licht. Mit der Suche nach frisch abgebrochenen Kiefernästen im Winterhalbjahr und dessen Eintrag und Zucht soll man die Art auch gezielt nachweisen können (mündl. Mitt. E. Jantke)
Abb. 23-13: Der Braunbindige Zimmermannsbock Acanthocinus griseus entwickelt sich in Wipfelästen von Kiefern und scheint häufiger zu werden.
Beim Lichtfang am 30. Juli 2021 konnte ein Exemplar auf dem Grundstück nachgewiesen werden. Der Große Pappelbock entwickelt sich, wie der Name vermuten lässt, in Pappelholz, aber auch in Weiden, wobei wahrscheinlich auch die Hybridpappel (Populus x canadensis) besiedelt wird. Nur 80 m vom Grundstück entfernt steht ein sehr großes Exemplar einer Hybridpappel mit einigen absterbenden und trockenen Ästen. Von dort stammen wahrscheinlich auch die Exemplare des Dunkelbeinigen Flachdecken-Bockkäfers (Obrium cantharinum), die seit 2018 regelmäßig am Licht gefunden werden und auch vorzugsweise an Pappeln lebt.
Abb. 23-14: Der Große Pappelbock Saperda carcharias ist in Sachsen nicht selten und scheint von den zunehmend absterbenden Hybridpappeln zu profitieren.
Beim Lichtfang am 17. Juni 2021 konnte ein Exemplar auf dem Grundstück gefunden werden. Von dieser recht seltenen, wärmeliebenden Erdflohkäferart, die sich an verschiedenen Kreuzblütengewächsen entwickelt, gibt es bisher erst zwei eigene Funde aus Sachsen: einerseits von einer Brachfläche in Dresden Hellerau (1995) und andererseits vom Muldeufer bei Eilenburg (2014). Weitere wenige Fundmeldungen liegen aus der Oberlausitz (Klausnitzer et al. 2009) sowie aus Westsachsen (Fritzlar 2009) vor.
Abb. 23-15: Der seltene Blattflohkäfer Phyllotreta astrachanica kommt vorzugsweise auf trockenwarmen Ruderalflächen vor und konnte bisher erst wenige Male in Sachsen gefunden werden.
Am 30. Juli 2021 konnte ein Exemplar aus der Bodenvegetation geklopft werden, indem eine flache, weiße Schale vorsichtig über dem Boden rangeschoben wird, um dann die krautige Vegetation darüber auszuschütteln. Der Wald-Nelkenrüssler entwickelt sich an der Weißen Lichtnelke (Melandryum album).
Abb. 23-16: Der Wald-Nelkenrüssler Sibinia pellucens ist in Sachsen relativ selten und lebt vor allem an Weißer Lichtnelke
Ein Vergleich der Arten- und Individuenzahlen aus den Bodenfallenfängen von 2014 und 2021 und die Interpretation der Ergebnisse ist schwierig, weil unterschiedliche Fangflüssigkeiten verwendet wurden. 2014 war es gesättigte Benzoesäure mit etwas Detergenz und 2021 Benzoesäure, die in Rennerlösung aufgelöst wurde. Rennerlösung (4 Teile Ethanol, 3 Teile Wasser, 2 Teile Glycerin, 1 Teil Essigsäure) soll eine anziehende Wirkung auf verschiedene Insektenarten haben. Die vier Bodenfallenstandorte sind wie 2014 schräg über das Grundstück verteilt, etwa 10 bis 20 m voneinander entfernt und lassen sich folgendermaßen charakterisieren: • Bofa 1: Thuja-Hecke an der östlichen Grundstücksgrenze, keine Bodenvegetation; • Bofa 2: Wiese am Bergahorn-Hochstubben neben Heuhaufen, spärliche Bodenvegetation; • Bofa 3: Rosenbeet, Böschung mit verschiedenen Blühpflanzen und Farnen; • Bofa 4: Verbrachte Wiese neben 10 cm hohen Wiesenameisenhügel; Gegenüber 2014 kann für die Bodenfallenstandorte 1 und 3 so gut wie keine äußerlichen Struktur- und Vegetationsänderungen festgestellt werden. Hier ist nahezu alles so geblieben wie vor 7 Jahren. Am Bodenfallenstandort 2 ist natürlich die Zersetzung des Hochstubbens deutlich fortgeschritten und der Standort des Heuhaufens ist über die Jahre weiter an den Stammfuß herangerückt. Die größten Veränderungen hat es auf dem Bodenfallenstandort 4 gegeben. 2014 gab es dort nach Rodung dreier Blaufichten eine nahezu vegetationsfreie Brache mit spärlicher Ruderalvegetation. 2021 war nur noch der Bereich des Ameisenhaufens vegetationsfrei, der sich neben der Falle etabliert hatte. In den letzten Jahren sind sukzessive Blühpflanzenarten eingebracht worden, indem bei Spaziergängen Samen verschiedener Ruderal- und Wiesenarten eingesammelt und dort eingesät wurde (Flockenblume, Lichtnelke, Ackerwitwenblume, Hirtentäschel usw.) und teilweise auch einzelne Pflanzen eingegraben worden sind (z.B. Wiesensalbei, Zypressenwolfsmilch). Insgesamt sowie bei drei der vier Bodenfallen wurden 2021 mehr Individuen gefangen als 2014. In Summe sind es 25 % mehr Individuen und 15 % mehr Arten. In den Fallen 1 und 2 sind 2021 deutlich mehr Arten in die Bodenfallen geraten und in den Fallen 3 und 4 geringfügig weniger als 2014 (Abb. 23-17).
Abb. 23-17: Übersicht der Arten- und Individuenzahlen von den Bodenfallenfängen aus den Jahren 2014 und 2021
Wenn man Arten- und Individuenzahlen der einzelnen Bodenfallenfangergebnisse entsprechend der ökologischen Ansprüche vergleicht, kann für 2021 gegenüber 2014 eine Zunahme der trockenheits- und wärmeliebenden Arten festgestellt werden (Abb. 23-18). Bezogen auf die Arten- und Individuenzahlen der feuchtepräferenten Laufkäfer ist das Ergebnis indifferent. Der prozentuale Anteil gemeinsamer Arten, d.h. Arten, die sowohl 2014 als auch 2021 gefangen wurden, liegt bei Bodenfalle 1 bei 35 %, bei Bodenfallen 2 bei 39%, bei Bodenfallen 3 ebenfalls bei 39% und bei Bodenfallen 4 bei 33 %. Die Fläche 4, die die größten strukturellen Unterschiede zwischen den beiden Untersuchungsjahren aufweist, hat auch die niedrigste Übereinstimmung im Artenspektrum.
Abb. 23-18: Vergleich der Arten- und Individuenzahlen von den Bodenfallenfängen aus den Jahren 2014 und 2021 (links: Artenzahlen, rechts: Individuenzahlen) (Farbgebung entspr. ökologischer Ansprüche: helle bzw. obere Teile der Säulen: hydrophil; mittlerer Farbton bzw. mittlere Teile der Säulen: xerotherm; dunkle bzw. untere Teile der Säulen: keine Präferenz)
Zusammenfassung nach 9 Jahren:
Die Gesamtartenzahl beläuft sich mittlerweile auf 1120 Käferarten. Nach wie vor gibt es einige wenige Arten, über deren Artstatus Unklarheit besteht bzw. die derzeit noch bei Spezialisten zur Nachbestimmung sind, oder es sind keine Experten bekannt. Bezogen auf die unterschiedlichen Fangmethoden bedeutet dies:
Nach der bundesdeutschen Roten Liste (Geiser et al. 1998 (unter Einbeziehung der bereits publizierten neuen Rote Liste der Laufkäfer Deutschlands von Schmidt et al. 2016 - wodurch gegenüber der alten Roten Liste 10 ursprünglich gefährdete Laufkäferarten nun den Status ungefährdet haben) sind im Garten bisher 103 unterschiedlich stark gefährdete Arten gefunden worden. Eine ähnlich hohe Zahl an gefährdeten Arten konnte ich im Rahmen meiner Dissertation bei den dreijährigen Untersuchungen in der nördlich von Dresden gelegenen Kleinkuppenlandschaft nachweisen. Allerdings umfasst das dortige Untersuchungsgebiet 5 km² (Lorenz 1999). Auch bei einer recht umfangreichen, 3jährigen Erfassung der vorwiegend xylobionten Käferfauna im NSG „Seußlitzgrund“ und im Blatterslebener Grund wurden etwas mehr als 100 Rote-Liste-Arten registriert (siehe auch 19. Beitrag in diesem Blog Lorenz vom Dezember 2020).
2x „Ausgestorben/ausgerottet/verschollen“: Synchita separanda, Ips duplicatus 10x „vom Aussterben bedroht“: Ophonus diffinis, Synchita mediolanensis, Lyctus pubescens, Euglenes pygmaeus, Neatus picipes, Corticeus fraxini, Axinopalpis gracilis, Psylliodes reitteri, Bruchidius varius, Curculio elephas; 31x „stark gefährdet“: Harpalus melancholicus, Acupalpus brunnipes, Dolichus halensis, Agyrtes bicolor, Brachygonus megerlei, Dromaeolus barnabita, Agrilus derasofasciatus, Attagenus punctatus, Cryptophagus labilis, Cryptophagus micaceus, Cryptophagus populi, Mycetophagus salicis, Mycetophagus fulvicollis, Aulonium trisulcum, Symbiotes gibberosus, Gastrallus laevigatus, Dorcatoma substriata, Dorcatoma robusta, Euglenes oculatus, Hallomenus axillaris Pseudocistela ceramboides, Diaclina fagi, Uloma culinaris, Corticeus fasciatus, Oxythyrea funesta, Protaetia marmorata, Osmoderma eremita, Obrium cantharinum, Xylotrechus rusticus, Exocentrus punctipennis; Lymantor aceris 60x „gefährdet“: Stenolophus skrimshiranus, Acupalpus exiguus, Abax carinatus, Chlaenius tristis, Badister peltatus Leiodes strigipenne, Nossidium pilosellum, Siagonium quadricorne, Planeustomus palpalis, Bledius procerulus, Hypnogyra glabra, Quedius dilatatus, Agaricochara latissima, Thamiaraea cinnamomea, Dacrila fallax, Phosphaenus hemipterus, Ancistronycha erichsonii, Ebaeus flavicornis, Trichodes alvearius, Hylis olexai, Drapetes mordelloides, Scirtes orbicularis, Prionocyphon serricornis, Megatoma undata, Thymogethes egenus, Enicmus brevicornis, Latridius hirtus, Mycetophagus piceus, Synchita undata, Colydium elongatum, Novius cruentatus, Scymnus interruptus, Nephus quadrimaculatus, Vibidia duodecimguttata, Dorcatoma chrysomelina, Dorcatoma dresdensis, Oligomerus brunneus, Palorus depressus, Ptinus sexpunctatus, Calopus serraticornis, Aderus populneus, Meloe proscarabaeus, Meloe rugosus, Scraptia fuscula, Anisoxya fuscula, Allecula morio, Prionychus ater, Bolitophagus reticulatus, Platydema violacea, Pentaphyllus testaceus, Corticeus bicolor, Odonteus armiger, Trichius gallicus, Sinodendron cylindricum, Cerambyx scopolii, Acanthocinus griseus, Anaesthetis testacea, Exocentrus adspersus, Exocentrus lusitanus, Phyllotreta punctulata, Pityogenes trepanatus, Lignyodes enucleator, Curculio pellitus, Tychius pusillus, Tanysphyrus ater;
Laut Bundesartenschutzverordnung gelten nun 48 Arten, die auf dem Grundstück gefunden wurden, als „besonders geschützt“, namentlich: die 2 Sandlaufkäferarten Cicindela campestris und Cicindela hybrida, die 3 Carabus-Arten: Carabus coriaceus, C. convexus, C. nemoralis, der „Bienenwolf“ Trichodes alvearius, 31 Bockkäferarten, die 4 Prachtkäferarten Anthaxia nitidula, Agrilus derasofasciatus, Agrilus cuprescens, Trachys scrobiculata sowie der Ölkäfer Meloe proscarabaeus, die Rosenkäfer-/ Goldkäferarten Cetonia aurata, Protaetia cuprea metallica, Protaetia marmorata, der Nashornkäfer Oryctes nasicornis, der Kopfhornschröter Sinodendron cylindricum und eine Art als „streng geschützt“: der Ölkäfer Meloe rugosus. Nach Müller et al. sind 4 „Urwald-Reliktarten“ auf dem Grundstück nachgewiesen worden: Synchita separanda, Neatus picipes, Corticeus fasciatus, Osmoderma eremita, von denen sich die drei zuerst Genannten wahrscheinlich auch auf dem Grundstück entwickeln, namentlich am/im Berg-Ahorn-Hochstubben. Der Juchtenkäfer oder Eremit (Osmoderma eremita) gilt laut des europäischen Schutzgebietssystems NATURA 2000 bzw. der FFH-Richtlinie der EU als „prioritäre Art“ des Anhanges II (Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen) und um eine Art des Anhanges IV (Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse) und hat damit europaweit den höchsten Schutzstatus. Die auf dem Grundstück beobachteten Eremiten stammen mit großer Wahrscheinlichkeit aus der unmittelbar nordöstlich angrenzenden Streuobstwiese.
Fazit:
Wiederum haben das beim vorangegangenen Beitrag vom Dezember 2020 (= „8ter Beitrag zur Coleopterenfauna im eigenen Garten“) formulierte Fazit und die dort erwähnten Anmerkungen nichts von ihrer Gültigkeit verloren:
Diese Artenvielfalt auf kleinstem Raum ist überraschend und hängt sicherlich nicht nur mit meiner intensiven Erfassungstätigkeit zusammen, sondern einerseits mit der noch vorhandenen und aktiv geförderten Strukturvielfalt auf dem Grundstück, wo sich die Natur in begrenztem Rahmen entfalten kann bzw. zugelassen wird (Belassen von Stehend-Totholz, alternierende Sensenmahd, Heuhaufen, Natursteinmauern, Verzicht auf Pestizide usw.) und andererseits mit der relativ strukturreichen, näheren Umgebung (alte Streuobstwiesen, Gehölz mit alten Laubbäumen, „verwilderte“ Grundstücke) - abgesehen von einigen völlig naturentfremdeten, sterilen Grundstücken, wo alles platt gemacht wird, was auch nur ansatzweise nach heimischer Natur aussieht und die industriell und damit intensiv gedüngten und begifteten, naturfernen Ackerflächen.
Nach den extremen, lang andauernden trockenheißen Sommerhalbjahren 2018, 2019 und 2020, die sehr wahrscheinlich zu deutlicheren Veränderungen in der Käferfauna geführt haben, war das Jahr 2021 „gefühlt“ fast normal. Es gab selbst im Sommer mal Regen und kaum tropische Nächte, d.h. kaum Nächte mit Temperaturen über 20 °C und ohne Taubildung.
Anmerkungen zur aquatischen Käferfauna:
Die im Vorjahr zu den aquatischen Arten geäußerten Bemerkungen, dass es vor allem im ersten Jahr der extremen Trockenheit zu einer erhöhten Flugaktivität kam, da ja die Gewässer schneller austrockneten und auf der Suche nach neuen Lebensräumen die meist gut flugfähigen und lichtaffinen Arten verstärkt fliegend unterwegs waren und dadurch beim Lichtfang eher angelockt würden, wurde ja als eine Erklärung für die gestiegene Zahl aquatischer Arten gedeutet. Im dritten Jahr der Trockenheit gab es offenbar eine Trendumkehr bzw. es wurden weniger Arten und Individuen am Licht festgestellt. Dieser Aktivitätsrückgang ist eventuell damit erklärbar, dass viele aquatische Entwicklungshabitate permanent trocken gefallen waren und es auch im Winter keine Regeneration mehr gab, sodass die Reproduktion aquatischer Arten und die Regeneration der Populationen offenbar lokal zum Erliegen kam. Typische aquatische „Pfützen-Arten“ wie Helophorus kamen auch 2021 bezeichnenderweise überhaupt nicht ans Licht, und bei den semiaquatischen Cercyon sind deutlich weniger Individuen und Arten gefangen worden, als in den Jahren zuvor. In Sachsen soll es aktuell 256 aquatische Käferarten geben (Klausnitzer 2016). Von dieser ökologischen Gruppe, die mehrere Käferfamilien umfasst, wurden auf dem Grundstück bislang 45 Arten nachgewiesen, was einem prozentualen Anteil von knapp 18 % entspricht. Davon dürfte sich auf dem Grundstück keine einzige Art entwickeln können. Sie wurden allesamt vor allem mit Hilfe der seit 2014 durchgeführten 44 Lichtfänge aus der Umgebung angelockt. Das Gewässerangebot im Dorf ist recht überschaubar: ca. 200 m westlich gibt es zwei kleine Teiche und ca. 400 m weiter westlich bzw. nordwestlich zwei relativ stark beschattete Tümpel und 1000 m nordwestlich im Kaolintagebau ein wenige Quadratmeter großes Restgewässer sowie diverse, mehr oder weniger naturferne Gartenteiche in einigen Grundstücken. Die nächsten größeren Teiche und Bäche sind mehrere Kilometer entfernt. Die höchsten Artenzahlen bei den aquatischen Arten seit 2013 konnten in den trockenheißen Jahren 2018 und 2019 mit 19 bzw. 20 Arten festgestellt werden. Vielleicht hängt dies aber auch nur mit der größeren Zahl an Lichtfängen zusammen? 2013 und 2014 waren es je drei Lichtfänge mit 8 bzw. 17 Arten, 2015 bis 2017 jeweils vier Lichtfänge mit 11, 11 bzw. 14 Arten, 2018 und 2019 je sieben Lichtfänge, 2020 sechs und 2021 fünf Lichtfänge. Im Jahr 2020 kamen nur noch 12 Arten ans Licht, aber im Jahr 2021 wieder 15. Zumindest eine Fließgewässer-Art könnte aus einem erst vor 3 Jahren gebauten künstlichen Wasserlauf eines Nachbargrundstücks stammen: Elmis maugetii. Das nächste geeignete Fließgewässer, der Käbschützbach, ist mehrere Kilometer entfernt. Überraschender Weise wurde 2021 auch erstmals der Schwimmkäfer Graphoderus cinereus beim Lichtfang angelockt, ebenso wieder Sumpfkäfer Scirtes orbicularis.
Anmerkungen zur Laufkäferfauna:
Auch bei den Laufkäfern sind überraschende Neufunde zu verzeichnen, beispielsweise Perigona nigriceps, Porotachys bisulcatus und Amara montivaga sowie Chlaenius tristis,- ausgerechnet eine charakteristische Uferart. Andererseits wurde kein einziger der an feuchten Stellen, wie Gewässerufern lebenden Vertreter aus den Gattungen Badister, Agonum und Bembidion gefunden, die in den Vorjahren immer mal wieder ans Licht geflogen waren. Als auffällig kann auch die recht hohe Aktivität von Nebria salina angesehen werden, der häufiger nachgewiesen werden konnte als die Schwesternart Nebria brevicollis. 2021 wurden 8 neue Laufkäferarten gefunden, d.h. sie sind in den acht Jahren davon nicht nachgewiesen worden. Mit insgesamt 57 Laufkäferarten war 2021 das Drittartenreichste, wobei wegen der Bodenfallenfänge eigentlich mehr erwartet werden konnte. Als 2014 mit Bodenfallen erfasst wurde, kamen 64 Arten zusammen. Insgesamt stehen nun 127 Laufkäferarten zu Buche, was etwa ein Drittel der aktuell nachgewiesenen, sächsischen Laufkäferfauna entspricht. Natürlich dürfte sich nur ein Teil der Arten direkt auf dem Grundstück reproduzieren. Entsprechend der Stetigkeit und Häufigkeit des Nachweises und der Ökologie kann dies für vielleicht 30 bis 40 Arten angenommen werden.
Anmerkungen zur Bockkäferfauna:
Bei den Bockkäfern, von denen es in Sachsen aktuell 132 Arten (ohne importierte/ verschleppte Arten) geben soll, wurden auf dem Grundstück bisher 32 Arten nachgewiesen, was knapp ein Viertel der Gesamtfauna entspricht. Allerdings liegt hier der Anteil an Arten, die sich auf dem Grundstück entwickeln im Vergleich zu den Laufkäfern deutlich niedriger. Vielleicht sind es nur folgende 5 Arten: Grammoptera ruficornis, Alosterna tabacicolor, Pseudovadonia livida, Stenurella melanura, Tetrops praeustus? Eine Reihe von Arten wurden sicherlich mit Feuer- und Deko-Holz eingeschleppt. Vermutlich hat die Aktivitätsabundanz vieler Bockkäferarten zugenommen, weil vermehrt Laub- und Nadelbäume in Folge der extremen Trockenheit und Hitze der vergangenen Jahre absterben.
Anmerkungen zur Borkenkäferfauna:
In den vergangenen 9 Jahren konnten 35 Borkenkäferarten (Scolytidae) auf dem Grundstück nachgewiesen werden. Das entspricht etwa 40 % der aktuell gemeldeten Borkenkäferarten Sachsens. Auch hier dürften sich die wenigsten auf dem Grundstück entwickeln - wahrscheinlich nur der an Obstbäumen gebundene Splintkäfer Scolytus rugolosus. Die Trockenheit der vergangenen Jahre und das damit verbundene verstärkte Absterben von Laub- und Nadelbäumen hat einerseits die Populationsdichten der Borkenkäfer erhöht und gleichzeitig die Aktivitätsradien. 25 der 35 Borkenkäferarten wurden wiederum per Lichtfang nachgewiesen.
Zusammenfassendes Statement:
Es soll nicht als Widerspruch zum überall festzustellenden Artenschwund und dem Verlust an Biodiversität auf Grund der anthropogen verursachten negativen Veränderungen der Landschaft fehlgedeutet werden, wenn es hier auf lokaler Ebene offenbar noch ein Refugium der Artenvielfalt gibt und das nicht mal in einem Schutzgebiet, sondern in einem fast „durchschnittlichen“ Dorf. Gibt es noch Grund zur Hoffnung, um etwas pathetisch zu fragen? Gibt es gar keinen Artenschwund, sondern nur Panikmache von grünen Spinnern? Wird einfach zu wenig untersucht? Kann sich noch jemand bewusst daran erinnern, wie die Landschaft im Allgemeinen und die Ackersäume und Grundstücke im Speziellen vor 40 Jahren ausgesehen haben? Es gab damals weder Glyphosat noch Laubbläser, Mähroboter oder Steine hinter Gittern. Hängt der Verlust an Artenvielfalt mit der geistigen Einfalt der Leute zusammen? Es scheint, als gäbe es immer mehr Deppen (getreu dem Song von Reinhard Mey: „Irgendein Depp mäht irgendwo immer“), die vorm Haus eher Betonwüsten bevorzugen, mit flächenhaften Steinschüttungen, wo mittendrin eine fremdländische Zombie-Konifere ihr jämmerlichen Dasein fristet und hinterm Haus ein 9-Millimeter-Psychopaten-Kurzrasen vorherrscht (wobei immer mehr Mähroboter zum Einsatz kommen, die permanent jedes Grashälmchen kurzhalten, die der schmerbäuchige Besitzer in Ruhe von der Liege aus mit dem Smartphone überwacht) und an der Grundstücksgrenze ein steriler Kirschlorbeer oder doch besser eine Betonmauer oder „Steinchen hinter Gittern“ Sichtschutz bieten… wo man sich fragt, welche Auswüchse diese totale Naturentfremdung noch auf Lager hat! Andererseits scheint es aber auch immer mehr „empathische“ Leute zu geben, von denen man es gar nicht erwartet, und die haben recht vernünftige Einstellungen gegenüber Natur und deren Förderung und Schutz, auch vor der eigenen Haustür, und dass man auch im Kleinen, das heißt im eigenen Garten der Artenvielfalt eine Chance geben kann/sollte/müsste...